Von allen Festen, die im Jahreskreis
Sich aneinanderreihn, gefällt den meisten
Wohl Weihnachten am besten, und sie leisten
Zur Feier dieses Tages sich was weiß
Denn ich für Sachen, kaufen jeden Scheiß,
Um welchen ihre Wünsche ständig kreisten,
Verwöhnen ihre Mägen mit sehr feisten
Genüssen. Dabei scheu’n sie keinen Preis.
Was mich betrifft, so schätz’ von allen Festen
Das Weihnachtsfest ich beinah am geringsten.
Ich will mich nicht wie einen Truthahn mästen
Und die Geschenke lass ich gern den Jüngsten.
Deswegen finde ich am allerbesten
Ein anderes: Mein Lieblingsfest heißt Pfingsten!
Zugegeben, es ist keine weltbewegende Frage, aber ich interessiere mich nun mal für die Menschen, deren Bücher ich lese, und noch mehr, wenn ihre Biographien vom Schleier des Rätselhaften umgeben sind. So habe ich mich schon oft gefragt, wer eigentlich Oscar Koelliker war. Koelliker hat vor mehr als hundert Jahren ein dickes Buch veröffentlicht: „Die erste Umseglung der Erde durch Fernando de Magallanes und Juan Sebastian del Cano 1519-22 dargestellt nach den Quellen“ (Piper Verlag, München 1908). Dieses Werk aufzuschlagen, lohnt noch immer, nicht nur weil es prächtig ausgestattet ist mit Karten und Bildern, sondern auch weil es viele historische Quellen zu Magellans Expedition in deutscher Übersetzung bietet.
Man möchte daher meinen, der Verfasser sei Geograph oder Historiker von Beruf gewesen. Das ist jedoch kaum wahrscheinlich …
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Denn wäre Oscar Koelliker berufsmäßiger Wissenschaftler gewesen, hätte er wohl mehr einschlägige Publikationen hinterlassen als dieses eine Buch. Nur ein weiteres Mal noch tritt er kurz in Erscheinung als Mitarbeiter von „Petermanns Geographischen Mitteilungen“. Für den 58. Band dieser traditionsreichen Zeitschrift trug er 1912 zwei Rezensionen und eine Miszelle bei, die alle um dasselbe Thema kreisen wie das Buch: die Erdumsegelung Magellans und Elcanos. Im Mitarbeiterverzeichnis von Petermanns Mitteilungen ist der Autor als „Koelliker, Oskar [sic!], Thalwil-Zürich“ aufgeführt, ohne akademischen Titel oder Berufsbezeichnung.
Oscar bzw. Oskar Koelliker scheint also ein echter „homo unius libri“ gewesen zu sein: ein Mann, der nicht mehr (aber auch nicht weniger) als ein Buch geschrieben hat. In dessen Vorwort steht denn auch alles, was wir sicher über ihn wissen: dass der Verfasser im Frühjahr 1908 in Thalwil bei Zürich lebte (oder weilte) und dass er sich viele Jahre „in Spanien, Portugal, Italien, Nord- und Südamerika“ aufgehalten hatte, „wo sich“ ihm, wie er schrieb, „die Gelegenheit bot, die einschlägige Literatur“ zur Magellan-Expedition „in den Urtexten zu studieren und zu sammeln“. Das war‘s.
Thalwil (früher auch Thalweil geschrieben) liegt am linken Ufer des Zürichsees. Anfang des 20. Jahrhunderts hatte sich das Bauerndorf in eine boomende Kleinstadt verwandelt. Bevölkerung und Wohlstand wuchsen rasant, vor allem dank einer florierenden Textilindustrie und einer Bahnlinie in die nur wenige Kilometer entfernte Kantonshauptstadt.
Thalwil bei Zürich, abgebildet in einem „Kartenspiel mit Schweizer Ansichten“, ca. 1890 Bild: Wikimedia Commons
Der Nachname „Kölliker“ war hier seit alters geläufig, die Kombination mit dem Vornamen „Oscar“ jedoch eher selten. Und noch seltener, wenn der Träger 1908 alt genug gewesen sein soll, um dicke Bücher zu schreiben. Einen Kandidaten, der diese Voraussetzung erfüllt, hat Karl-Heinz Wionzek dingfest gemacht[1]: einen 1868 in Horgen bei Zürich geborenen Künstler, der Ende des 19. Jahrhunderts nach St. Petersburg auswanderte und sich 1907 in Frankreich niederließ, zunächst in Asnières (sur-Seine) und ab 1914 in Paris. Er ist in J.P. Zwickys „Genealogie der Familien Kölliker“[2] (unter Nr. 185) als „Oskar Kölliker … Bürger von Thalwil“ aufgeführt und in Thieme-Beckers „Allgemeines Lexikon der Bildenden Künstler“[3] als „Oscar Koelliker“, hier allerdings mit Geburtsort Neuchâtel.
Der Maler Oscar Koelliker/Oskar Kölliker nahm seinerzeit an großen Ausstellungen teil, so etwa 1907, 1910 und 1912 in den Salons der Société des Artistes Indépendants, der Société des Artistes Français 1908 und 1914 sowie in weiteren, in Frankreich und der Schweiz. Am 9. September 1941 vermeldeten die „Nouvelles de Versailles“ sein Ableben im Alter von 72 Jahren[4]. Im Internet findet man einige seiner Werke, durchweg kleinformatige Landschaften in Öl, im Stil des Impressionismus, die offenbar auch heute noch ihre Käufer finden.
Doch wie wahrscheinlich ist, dass ein Künstler, der 1907 und 1908 in Pariser Salons ausstellte, und der Verfasser eines geographisch-historischen Sachbuchs, das 1908 in München erschien, identisch sind? Wenn sie es wären: Warum findet sich dann im Buch keinerlei Verweis auf die künstlerische Tätigkeit des Autors? Müssten nicht stilistische Bezüge zwischen Buch und Malerei erkennbar sein? Warum unterschreibt Kölliker das Vorwort seines Buches mit „Thalwil-Zürich, im Frühjahr 1908“, wenn er zu diesem Zeitpunkt in Asnières lebte und nicht einmal in Thalwil geboren war? Warum findet sich auch im Mitarbeiterverzeichnis von Petermanns Geographischen Mitteilungen wieder nur die Angabe „Thalwil-Zürich“? Wie wahrscheinlich ist zuletzt, dass ein Maler ausgerechnet zu derselben Zeit, da er seinen künstlerischen Durchbruch feiert, eine nicht minder beachtliche Fleißarbeit auf dem Gebiet der Geographiegeschichte abliefert?
In einer Rezension des Buches, die im Dezember 1908 in der Neuen Zürcher Zeitung erschien, wird der Verfasser jedenfalls nur „Zürcher aus Thalwil“ und „unser Landsmann“ genannt. Von seiner künstlerischen Karriere in Frankreich wusste der Rezensent nichts zu berichten …
J.P. Zwickys „Genealogie der Familien Kölliker“ verzeichnet (unter Nr. 253) einen „Johann Oscar Kölliker“, der gleichfalls Bürger von Thalwil und dort auch wohnhaft war: „im Freihof, am See“. Dieser Johann Oscar Kölliker lebte von 1866 bis 1916 und war von Beruf Kaufmann. 1895 heiratete er Anna Huber aus Hirzel, mit der er zwei Töchter hatte. Neben seinem kaufmännischen Beruf betätigte er sich auch als Politiker, und er ließ sich offenbar mit seinem zweiten Vornamen anreden, denn von 1911 bis 1915 war ein „Oskar Kölliker“ aus Thalwil, geboren 1866 und verheiratet mit einer Huber, Mitglied des Zürcher Kantonsrats. Den Protokollen dieser Körperschaft ist auch zu entnehmen, welche Art von Handelsgeschäft Oskar Kölliker betrieb, nämlich eine „Weinhandlung“.
Überhaupt scheint Oskar Kölliker dem Feierlich-Musischen alles andere als abhold gewesen zu sein: ob Thalweil-Festspiel, Turn- oder Seesängerfest – der Weinhändler war stets vorne mit dabei, verkaufte Eintrittskarten, präsidierte in Organisationskomitees, hielt Reden, überreichte Fahnen und Lorbeerkränze, und als bei der „Schlußsitzung der Komitees für das kantonale Turnfest“ im Restaurant „Concorda“ noch „ein kleinerer Ueberschuß an Ehrenwein vorrätig war, entwickelte sich unter dem Vorsitze … des Präsidenten des Wirtschaftskomitees Herrn O. Kölliker noch einmal ein schönes Festleben, während dessen man sich der schönen Stunden des Turnfestes fröhlich erinnerte“. Bei all den Festivitäten vernachlässigte Oskar Kölliker offenbar weder seine bürgerlichen Pflichten – 1905 saß er in Winterthur, 1906 im benachbarten Pfäffikon als Geschworener im Gerichtssaal – noch seine Geschäfte. 1905 erschien im Zürcher Satireblatt „Nebelspalter“ zweimal folgende Anzeige:
Demnach importierte die Weinhandlung Kölliker direkt aus den Erzeugerländern, darunter aus Spanien (Malaga, Sherry), Portugal (Port, Madeira), Italien (Marsala) und Frankreich (Bordeaux). In welchen Sprachen wohl die Geschäftskorrespondenz geführt wurde? Halten wir einstweilen fest, dass Oskar Köllikers Geschäftspartner dieselben Sprachen sprachen, in denen auch die „Urtexte“ und „einschlägige Literatur“ zur Magellan-Expedition verfasst waren, welche ja die Grundlage für Oscar Koellikers Buch von 1908 bildeten.
Dass Oskar Kölliker, der Weinhändler, in seiner Jugend eine gründliche Ausbildung in modernen Fremdsprachen erhalten haben dürfte, darauf deutet eine andere Anzeige hin, die im April 1884 in der „Neuen Zürcher Zeitung“ geschaltet wurde:
Zum oder im „Freihof“ war der Wohnsitz Oskar Köllikers, der im April 1884 seinen 18. Geburtstag feierte. Sein Vater Johannes (1820-1891) war gleichfalls Kaufmann[5], handelte unter anderem in größerem Stil mit Kartoffeln[6]. Natürlich könnte Johannes Kölliker die Vermittlung von Schülern an das „Knabeninstitut Schmutz-Rolland“ am Genfer See einfach so als Nebengeschäft betrieben haben. Aber ist es nicht wahrscheinlicher, dass er auch seinen (einzigen) Sohn zur Ausbildung in dasselbe Institut gab, für das er als Vermittler tätig war? Zumal ja dessen Lehrangebot – „Hauptstudium: Französisch, Italienisch, Englisch und kaufmännische Fächer“ – perfekt auf das Anforderungsprofil eines zukünftigen Weinimporteurs zugeschnitten war.
Ob nun Absolvent des Instituts Schmutz-Moccand oder nicht – jedenfalls dürfte Oskar Kölliker, der Weinhändler, seine schulische Ausbildung Mitte der 1880er Jahre beendet haben. Demnach wäre ihm bis zu seiner Heirat mit Anna Huber im Dezember 1895 reichlich Zeit geblieben für jene langjährigen Aufenthalte „in Spanien, Portugal, Italien, Nord- und Südamerika“, von denen Oscar Koelliker, der Buchautor, im Vorwort schreibt. Und für einen angehenden Weinimporteur wäre es ja auch naheliegend gewesen, Reisen in Wein produzierende Länder zu unternehmen – um Sprach- und Fachkenntnisse zu vertiefen und um Geschäftskontakte zu knüpfen.
Weinhändler, Bieraktionär, Immobilienbesitzer, Gemeinde- und Kantonsrat, Schöffe, Organisator von Festspielen, Turn- und Seesängerfesten … Oskar Kölliker aus Thalwil war offenbar ein vielseitiger Mensch und ein rechter Gschaftlhuber, dem man auch zutrauen würde, dass er ein Buch wie „ Die erste Umseglung der Erde durch Fernando de Magallanes und Juan Sebastian del Cano 1519-22“ publiziert hat. Kölliker müsste das Buch nicht einmal selbst geschrieben, er könnte auch einen Ghostwriter beauftragt haben. Allerdings sind ihm als Weinimporteur die nötigen Sprachkenntnisse ohne weiteres zuzutrauen, wie er auch die im Vorwort erwähnten Reisen unternommen haben könnte; zugleich verfügte er als wohlhabender Kaufmann anscheinend über die nötige Muße, um sich neben seinen Geschäften auch anderen Dingen zu widmen. Somit besteht kein Anlass, dem umtriebigen Weinhändler Oskar Kölliker die Autorschaft des Buches abzusprechen.
Auch sein frühes Ableben – Kölliker starb 1916 gerade 50jährig[7] – widerspricht dieser Hypothese nicht, datieren seine beiden einzigen Publikationen über Magellan doch von 1908 und 1912. Danach hat man nichts mehr von Oscar Koelliker, dem Buchautor, gehört.
[1]Karl-Heinz Wionzek (Hrsg.), Another Report about Magellan’s Circumnavigation of the World. The Compilation by Fernando Oliveira. Revised and Expanded Edition, Manila 2021, S. 20 Anm. 18.
Den Alten hab ich länger nicht getroffen.
Wir gingen früher öfter auf ein Bier.
Ich seh ihn gerne, spricht er doch mit mir
Als wie von Mensch zu Mensch und klagt mir offen
Sein Leid. So wage er nicht mehr zu hoffen,
Dass seine letzte Schöpfung: nämlich wir
Uns jemals anders aufführn als ein Tier
und friedlich leben, ohne uns zu zoffen.
Schon damals, als er mir dies offenbarte,
Da wusste ich ihm wenig Trost zu spenden,
Obwohl ich nicht an Argumenten sparte.
Er griff nach seinem Bier mit beiden Händen
Und sprach betrübt: „Bei meinem grauen Barte!
Ich werde das Projekt wohl bald beenden.“
Er will mit hundertfünfzig Kilometer
Pro Stunde unsre Autobahn befahren.
Was man da spart an Zeit im Lauf von Jahren,
Die man am Steuerrad verbringt! Und steht der
Verkehr, dann ists die Schuld der Schreibtischtäter
In den Behörden, die zu säumig waren
Im Straßenbau, verkündet mit Fanfaren
Der fesche Landeshauptfrau-Stellvertreter.
Der appelliert nicht nur an rechte Ränder
Mit seinem populistischen Gezeter.
Er setzt vielmehr die Nationalagenda.
Denn auch der Kanzler hat präzis erkannt:
Wir bleiben "weiterhin ein Autoland".
Drum geht man hier zu Fuß nicht einen Meter.
Mit unnachahmlichem Scharfblick hat die Regierung meines Wahlheimatlandes Niederösterreich als größten Hemmschuh der Umwelt- und Verkehrspolitik die sogenannten Klimakleber identifiziert. Logischerweise fordert die Regierung daher strengere Strafen für diese Leute, die ihre Mitmenschen ohne Grund beim Verkehr stören.
Wobei „Klimakleber“ ja nicht die einzigen Störenfriede sind, die einen am zügigen Fortkommen hindern. Neulich, im Verlauf einer tagesfüllenden Bahnfahrt quer durch Deutschland nach Österreich, wurden wir gleich zweimal durch einen „Notarzteinsatz“ aufgehalten. Kenner des Bahnbetriebs wissen, dass damit im Normalfall ein Schienensuizid gemeint ist. Die Mitte der Gesellschaft hat für diese Form der Selbsttötung überhaupt kein Verständnis. Sie sollte daher ebenfalls viel strenger bestraft werden!
Um aber auf die „Klimakleber“ zurückzukommen: Das Perfide an ihnen ist ja, dass sie mit ihren Aktionen auch unsere Landesbeamten und Politikerinnen ausbremsen, wo diese doch Tag und Nacht nichts anderes tun, als die richtigen umwelt- und verkehrspolitischen Maßnahmen zu setzen. Das kann man auch ganz konkret hier in unserem Weinviertler Städtchen beobachten.
Freie Bahn für freie Verkehrsexperten
Da gibt es eine ca. 1,2 km lange Straße namens „Alleegasse“, die einige außerhalb gelegene Ortsteile mit dem Zentrum verbindet. Die Alleegasse ist eng, kurvig und teilweise zugeparkt, weshalb Bürgerinnen und Bürger schon seit vielen Jahren fordern, sie für den Radverkehr sicherer zu machen. Denn wenn die Straße sicherer wäre, würden mehr Radfahrende sie nutzen, und das wiederum hieße: weniger Autos im Ortszentrum und weniger CO2-Ausstoß.
Der Stadtgemeinde leuchtete das ein. Sie ließ ein Konzept zur fahrradfreundlichen Umgestaltung der Alleegasse entwickeln und stellte es im Juni 2021 zur behördlichen Verhandlung. Da die Alleegasse eine Landesstraße ist, war auch ein Verkehrsexperte des Landes zugegen. Der Landesbeamte sah infolge der geplanten Umgestaltung große Risiken auf den Autoverkehr zurollen. Er forderte daher, erstmal weitere Studien zu erheben, um auf deren Grundlage einen neuen Lösungsvorschlag zu erarbeiten.
Nur zwei Rekordsommer später ist das Werk vollbracht. Die Alleegasse zieren jetzt Piktogramme, die Radfahrenden eine sichere Fahrlinie vorzeichnen sollen, und auf einer Länge von 487 m wurde gar die Höchstgeschwindigkeit auf 30 km/h herabgesetzt (aber nur nachdem der Bürgermeister dem Landesvertreter erklärt hatte, dass die Herabsetzung absolut unerlässlich sei).
Interessantes Detail am Rande: Die Höchstgeschwindigkeit wurde am Ortsrand herabgesetzt, weiter stadteinwärts aber bei 50 km/h belassen, sodass Autos, je näher sie dem Ortszentrum kommen, wieder mehr Gas geben können. Für Radfahrende bedeutet das, dass ihr Weg in Richtung Zentrum zwar ein Stück weit sicherer geworden ist, sie aber noch immer nicht sicher bis ins Zentrum fahren können.
Trotzdem wird die Lösung von Kennern des Politikbetriebs als Meilenstein erachtet, weil sich das Land Niederösterreich dazu durchringen konnte, unglaubliche 487 m Landesstraße mit Tempo 30 zu belegen. Und das nach nur zwei Jahren Bedenkzeit.
Da soll noch wer behaupten, die Klima- und Verkehrspolitik in Niederösterreich klebe auf der Stelle!
Jetzt zickt auch noch die Motorsense rum.
Als hätt ich nicht Probleme schon in Massen!
Zwar springt sie an, doch dann – ist es zu fassen? –,
Sobald ich Gas geb, hört man ein Gebrumm,
Und gleich darauf ist das Maschinchen stumm.
Mit dem Vergaser scheint was nicht zu passen.
Ich hab das Ding doch grad erst warten lassen.
Allmählich wirds mir wirklich bald zu dumm.
Die Nachbarn ringsum nützen längst Roboter,
Um ihre Rasenflächen kurz zu halten.
Doch unser Garten ist zu sehr verlottert,
Um ihn mit solchen Mitteln zu verwalten.
Und mein Maschinenpark wird immer schrotter.
Ich hör bald auf, den Wildwuchs zu gestalten.
Ein Bäcker in St. Pölten wollte ändern
Den Namen eines Brotes, das sich gut
Verkaufte. Also fasste er sich Mut
Und machte etwas, das in andern Ländern
Längst üblich: Er versuchte es mit Gendern.
Doch wenn man sowas in St. Pölten tut,
Entzündet unverzüglich sich die Wut,
Die schwelt und knistert an den rechten Rändern.
Ein Shitstorm braute drohend sich zusammen
In jedem Social Media-Kanal.
Der brave Bäcker sah bereits in Flammen
Die Bäckerei und sich am Marterpfahl.
Schnell hörte man „Entschuldigung“ ihn stammeln,
Denn Gendern gilt als ziemlich radikal.
Unlängst habe ich mich an dieser Stelle über den literarischen Fälscher Robert Grün ausgelassen, Schöpfer des Mönches „Celso Gargia“, der Pizarro bei der Eroberung von Perú begleitet und darüber ein Tagebuch hinterlassen haben soll. Dass Mönch und Tagebuch bloß Ausgeburten von Grüns Fantasie waren, ist 50 Jahre lang niemandem aufgefallen – auch nicht den Redakteurinnen und Redakteuren namhafter Schulbücher, die bis heute aus dem vermeintlich „zeitgenössischen Bericht“ zitieren.
Diese Geschichte ist inzwischen auch in der „Furche“ nachzulesen (leider nur für Abonnentinnen und Abonnenten; ein zweiwöchiges Probeabo ist jedoch gratis).
Bevor Robert Grün 1973 seinen „Celso Gargia“ erfand, hatte er 1968 eine Übersetzung von Antonio Pigafettas Reisebericht von der ersten Schiffsreise um die Erde herausgegeben. Grüns Pigafetta-Ausgabe wird immer wieder neu aufgelegt (die nächste Auflage ist für November 2023 angekündigt), obwohl sie einerseits ein dreistes Plagiat ist, andererseits eine Fälschung.
Plagiat, weil Grün großteils das Werk eines Schweizer Autors kopierte, ohne diesen zu nennen, nämlich Oscar Koellikers „Die erste Umseglung der Erde durch Fernando de Magallanes und Juan Sebastian del Cano 1519-22“.
Fälschung, weil Grün dem Bericht Pigafettas allerhand hinzudichtete, was seiner Fantasie entsprungen war: Geschichten von Sex & Crime, Mord und Totschlag, tödlichen Schlangenbissen, Kannibalismus u. dgl. m.
Belege für Plagiat und Fälschung habe ich in folgenden Dokumenten zusammengestellt (pdf_s zum Download):
Mit immerwährend großem Ruhm bedecken
Tat sich der Schöpfergott, als er die Welt
Erschuf und alles, was sie so enthält.
Doch was nur wollte Er damit bezwecken,
Als Er ins Dasein rief die nackten Schnecken?
Die hat der Teufel wohl bei Ihm bestellt.
Sie haben mir schon oft den Tag vergällt,
Sind aller Gartenfreunde wahrer Schrecken.
Das Schlimme ist an diesen grausen Tieren,
Dass ihnen leider welkes Grün nicht reicht
Und sie nach jungen Pflanzen immer gieren.
Und wenn er seinem Beete naht, erbleicht
Der Gärtner, weil er statt Salat bloß Schlieren
Sieht und sein Garten einem Schlachtfeld gleicht.
Nicht Erwin Lindemann, nein, sondern Bill
Benannte sich ein sehr berühmter Sänger.
Der tourt mit seiner Gruselband schon länger
Durchs Land, und die Konzerte sind der Thrill.
Doch nach der Show wirds immer furchtbar still
In Bill, da kriegt er immer voll den Hänger.
Zum Glück ist er ein wahrer Seelenfänger,
Der weiß, was so ein junges Mädel will.
Er lässt die jungen Dinger sich von Schranzen
Ins Hinterzimmer seiner Bühne führen,
Wo sie nach Gabe chemischer Substanzen
Für ihn allein hinter verschlossnen Türen
Zutiefst entspannt ganz ohne Hemmung tanzen,
Und Bill kann sie in Ruhe penetrieren.