Die großen Gräben

Veröffentlicht am 20. März 2023

Im schönen Bundesland Niederösterreich, das seit fast 18 Jahren meine Wahlheimat ist, in der ich als Ausländer aber nicht wählen darf, gibt es sehr tiefe Gräben. Den Ötschergraben zum Beispiel, eine tief eingeschnittene Felsschlucht von ehrfurchtgebietenden Dimensionen, die den internationalen Vergleich nicht scheuen muss. Aber der Ötschergraben ist nicht annähernd so tief wie die Klüfte, die sich durch die politische Landschaft Niederösterreichs ziehen und die politischen Lager des Landes voneinander trennen.

Keine Angst: Dieser niederösterreichische Graben soll nicht geschlossen werden
Bild: Wikimedia Commons

Nachdem die hierzulande seit 1945 regierende Volkspartei bei den Wahlen im Jänner 2023 ihre absolute Mehrheit verloren hatte, gelobte sie, „die Gräben zu schließen“. Die Gräben zu den Sozialdemokraten erwiesen sich jedoch schnell als unüberbrückbar, was nicht überraschte, hatte die Landeshauptfrau doch bereits vor Jahren erkannt: „Rote bleiben Gsindl“ . Was blieb ihr also anderes übrig, als den bodenlosen Schrund am äußersten rechten Rand der politischen Landschaft zuzuschütten und eine Landbrücke zur FPÖ zu schaffen, die aus den Jännerwahlen als triumphale Siegerin hervorgegangen war.

Um einen solchen Abgrund auszufüllen, müssen freilich unvorstellbare Mengen an Morast und Schotter bewegt werden, wie das „Arbeitsübereinkommen“ der beiden Parteien illustriert:

  • So wird ein 30 Millionen Euro schwerer Fonds die „Schäden“, die durch die „Corona-Maßnahmen“ entstanden seien, „wieder gut machen“.
  • Auf den Pausenhöfen der Schulen wird künftig die Verwendung der deutschen Sprache „forciert“.
  • Dafür dürfen Wirtshäuser, die „ein traditionelles und regionales Speiseangebot“ aufweisen, mit Prämien rechnen.
  • Wohl um den Arbeitsmarkt von Teilzeit arbeitenden Müttern zu entlasten, wird „die Kinderbetreuung im Familienverband“ eine „finanzielle Aufwertung“ erfahren.
  • Dagegen soll das Land „für die überwiegend wirtschaftlich motivierten Zuwanderer möglichst unattraktiv“ gemacht werden.
  • Für Autofahrer wiederum dürfte Niederösterreich noch attraktiver werden als bisher. Die Übereingekommenen bekennen sich nämlich zu „flüssigem“ Individualverkehr, Straßenbau und natürlich zur Krone der technologischen Schöpfung: dem Verbrennungsmotor.
  • Der Individualverkehr sei „in Zukunft zu erhöhen“ und „vor mutwilligen Störungen zu schützen“. Daher wird „ein entschlossenes und rechtlich effektiveres Vorgehen gegen sogenannte ‚Klimakleber'“ für notwendig erachtet.

Freilich muss der immense Aushub an fossilem Gedankengut, mit dem der große Graben am rechten Rand der politischen Landschaft gefüllt werden soll, irgendwoher kommen, und so wird das Schließen des einen Grabens wohl andere Klüftungen vertiefen: zu denjenigen „Landsleuten“ nämlich, die sich ihre Zukunft nicht als Rückwärtsfahrt mit Vollgas in eine märchenhafte Vergangenheit vorstellen.

Schon werden die Böden hierzulande rissig von wochenlanger Trockenheit. Mit dem Klimawandel hat das aber bestimmt nichts zu tun. Ich glaube eher an einen Schadenszauber durch überwiegend wirtschaftlich motivierte Zuwanderer. Vielleicht sollte man zu dessen Abwehr ein paar Fremde lebendig begraben, wie es schon bei den alten Germanen gepflegter Brauch gewesen sein soll …