Usern von Online-Foren zur Warnung

Veröffentlicht am 20. März 2024
In Online-Foren treffen sich die Leute,
Um über alles Mögliche zu reden.
Die Diskussionen richten sich an jeden,
Der keine Scheu hat vor dem Hass der Meute.

Denn eh man sich versieht, wird man zur Beute
Von fiesen Trollen, die verbiss’ne Fehden
Im Netz austragen; sich in ihre blöden
Debatten eingemischt zu haben, reute

So manchen ahnungslosen User schon.
Was mich an vielen Postings abstößt, ist,
Vom Inhalt einmal abgesehn, der Ton.

Auch fragt man sich, ob manchen für den Mist,
Den sie da posten, zahlt wer einen Lohn.
So ist, was man in Foren liest, oft trist.

Verraten und verkauft

Veröffentlicht am 15. Januar 2024

Eigentlich hätte ich mich freuen können: In der vergangenen Woche standen zwei meiner Bücher bei Amazon auf der Bestseller-Liste. Vor allem meine Pigafetta-Übersetzung war einmal mehr stark nachgefragt, was mit der vierteiligen Magellan-Doku zusammenhängen dürfte, die derzeit auf Arte läuft. Die Doku ist mit langen Passagen aus Pigafettas Reisebericht unterlegt, und für die deutsche Synchronfassung haben sich die Produzenten meiner Edition bedient.

Ein Anlass zur Freude für den Autor und Übersetzer, sollte man meinen. Bloß ist meine Übersetzung leider in der „wbg“ erschienen. Hinter dem Kürzel steht die „Wissenschaftliche Buchgesellschaft“, die eigentlich dieser Tage ihr 75jähriges Bestehen feiern wollte. Doch stattdessen musste die „wbg“ zum 1. Januar Insolvenz anmelden, nachdem sie bereits im Oktober wegen drohender Zahlungsunfähigkeit einen entsprechenden Antrag gestellt hatte.

Inzwischen steht fest, dass die „wbg“ abgewickelt wird – ein harter Schlag für die deutsche Wissenschaftskultur wie auch für die 65 Mitarbeiter der wbg, von denen die meisten wohl nicht persönlich für die Pleite verantwortlich sind. Ein harter Schlag aber auch für einen, der als freier Autor vom Verkauf seiner Texte und Bücher lebt. Ist doch mehr als fraglich, ob ich von den Honoraren, die mir die „wbg“ seit Mitte 2022 schuldig ist, auch nur einen Teil bekommen werde.

Schmerzlicher finde ich jedoch, dass die Nutzungsrechte an meiner Pigafetta-Übersetzung beim insolventen Verlag verbleiben, das heißt bei der Insolvenzverwalterin, die anscheinend versucht, die Rechte zu veräußern, um noch etwas Geld für die Gläubiger herauszuschinden – wie altes Büromobiliar, das bei einer Zwangsversteigerung verhökert wird. Dass ich von dem Erlös wohl keinen Cent sehen werde, ist noch das kleinere Übel. Ärger ist, dass ich keinen Einfluss darauf habe, in wessen Hände die Nutzungsrechte an meinem Werk geraten werden. Vor allem aber ist völlig offen, wann die Übersetzung wieder lieferbar sein wird.

Dies ist umso beklagenswerter, als es sich hierbei um die erste handelt, die Pigafettas Text direkt aus der Originalsprache und vollständig ins Deutsche überträgt: die erste seit ziemlich genau 500 Jahren, seit Pigafetta seinen Bericht abgefasst hat. Alle bisherigen deutschen Ausgaben waren Übertragungen aus zweiter oder dritter Hand; zwei sind sogar Plagiate, und die von Robert Grün in der Edition Erdmann ist teils eine bewusste Fälschung. Das habe ich jüngst in einem Beitrag für das „Archiv für Kulturgeschichte“ nachgewiesen. (S.a. hier:  So grün, wenn Spaniens Blüten.)

Umso mehr hoffe ich, dass die Nutzungsrechte an meiner Pigafetta- Übersetzung an jemanden geraten, die (oder der) den Wert dieses großartigen Textes zu schätzen weiß und ihn dem deutschsprachigen Publikum bald wieder verfügbar macht!

Update vom 20. März 2024:

Die Insolvenzverwalterin hat mittlerweile erklärt, den Verlagsvertrag, den ich mit der wbg über die Veröffentlichung der Pigafetta-Übersetzung geschlossen hatte, gemäß §103 InsO nicht erfüllen zu wollen.

Damit sind die Nutzungsrechte an mich als Urheber zurückgefallen, und ich kann selbst entscheiden, an wen ich die Rechte zur Neuveröffentlichung vergebe.

Sia ringraziato Dio!

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Lieblingsfest (Tribute to Christoph & Lollo)

Veröffentlicht am 16. Dezember 2023
Von allen Festen, die im Jahreskreis
Sich aneinanderreihn, gefällt den meisten
Wohl Weihnachten am besten, und sie leisten
Zur Feier dieses Tages sich was weiß

Denn ich für Sachen, kaufen jeden Scheiß,
Um welchen ihre Wünsche ständig kreisten,
Verwöhnen ihre Mägen mit sehr feisten
Genüssen. Dabei scheu’n sie keinen Preis.

Was mich betrifft, so schätz’ von allen Festen
Das Weihnachtsfest ich beinah am geringsten.
Ich will mich nicht wie einen Truthahn mästen

Und die Geschenke lass ich gern den Jüngsten.
Deswegen finde ich am allerbesten
Ein anderes: Mein Lieblingsfest heißt Pfingsten!

Die vielen Leben des Oscar Koelliker

Eine Spurensuche in der Schweiz

Veröffentlicht am 16. November 2023

Zugegeben, es ist keine weltbewegende Frage, aber ich interessiere mich nun mal für die Menschen, deren Bücher ich lese, und noch mehr, wenn ihre Biographien vom Schleier des Rätselhaften umgeben sind. So habe ich mich schon oft gefragt, wer eigentlich Oscar Koelliker war. Koelliker hat vor mehr als hundert Jahren ein dickes Buch veröffentlicht: „Die erste Umseglung der Erde durch Fernando de Magallanes und Juan Sebastian del Cano 1519-22 dargestellt nach den Quellen“ (Piper Verlag, München 1908). Dieses Werk aufzuschlagen, lohnt noch immer, nicht nur weil es prächtig ausgestattet ist mit Karten und Bildern, sondern auch weil es viele historische Quellen zu Magellans Expedition in deutscher Übersetzung bietet.

Man möchte daher meinen, der Verfasser sei Geograph oder Historiker von Beruf gewesen. Das ist jedoch kaum wahrscheinlich …

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Von Zeit zu Zeit seh ich

Veröffentlicht am 25. Oktober 2023
Den Alten hab ich länger nicht getroffen.
Wir gingen früher öfter auf ein Bier.
Ich seh ihn gerne, spricht er doch mit mir
Als wie von Mensch zu Mensch und klagt mir offen

Sein Leid. So wage er nicht mehr zu hoffen,
Dass seine letzte Schöpfung: nämlich wir
Uns jemals anders aufführn als ein Tier
und friedlich leben, ohne uns zu zoffen.

Schon damals, als er mir dies offenbarte,
Da wusste ich ihm wenig Trost zu spenden,
Obwohl ich nicht an Argumenten sparte.

Er griff nach seinem Bier mit beiden Händen
Und sprach betrübt: „Bei meinem grauen Barte!
Ich werde das Projekt wohl bald beenden.“

150 Ka-em-ha

Veröffentlicht am 6. Oktober 2021
Er will mit hundertfünfzig Kilometer
Pro Stunde unsre Autobahn befahren.
Was man da spart an Zeit im Lauf von Jahren,
Die man am Steuerrad verbringt! Und steht der

Verkehr, dann ists die Schuld der Schreibtischtäter
In den Behörden, die zu säumig waren
Im Straßenbau, verkündet mit Fanfaren
Der fesche Landeshauptfrau-Stellvertreter.

Der appelliert nicht nur an rechte Ränder
Mit seinem populistischen Gezeter.
Er setzt vielmehr die Nationalagenda.

Denn auch der Kanzler hat präzis erkannt:
Wir bleiben "weiterhin ein Autoland".
Drum geht man hier zu Fuß nicht einen Meter.

Was lange gärt, wird endlich Wut

Veröffentlicht am 21. September 2023

Mit unnachahmlichem Scharfblick hat die Regierung meines Wahlheimatlandes Niederösterreich als größten Hemmschuh der Umwelt- und Verkehrspolitik die sogenannten Klimakleber identifiziert. Logischerweise fordert die Regierung daher strengere Strafen für diese Leute, die ihre Mitmenschen ohne Grund beim Verkehr stören.

Wobei „Klimakleber“ ja nicht die einzigen Störenfriede sind, die einen am zügigen Fortkommen hindern. Neulich, im Verlauf einer tagesfüllenden Bahnfahrt quer durch Deutschland nach Österreich, wurden wir gleich zweimal durch einen „Notarzteinsatz“ aufgehalten. Kenner des Bahnbetriebs wissen, dass damit im Normalfall ein Schienensuizid gemeint ist. Die Mitte der Gesellschaft hat für diese Form der Selbsttötung überhaupt kein Verständnis. Sie sollte daher ebenfalls viel strenger bestraft werden!

Um aber auf die „Klimakleber“ zurückzukommen: Das Perfide an ihnen ist ja, dass sie mit ihren Aktionen auch unsere Landesbeamten und Politikerinnen ausbremsen, wo diese doch Tag und Nacht nichts anderes tun, als die richtigen umwelt- und verkehrspolitischen Maßnahmen zu setzen. Das kann man auch ganz konkret hier in unserem Weinviertler Städtchen beobachten.

Freie Bahn für freie Verkehrsexperten

Da gibt es eine ca. 1,2 km lange Straße namens „Alleegasse“, die einige außerhalb gelegene Ortsteile mit dem Zentrum verbindet. Die Alleegasse ist eng, kurvig und teilweise zugeparkt, weshalb Bürgerinnen und Bürger schon seit vielen Jahren fordern, sie für den Radverkehr sicherer zu machen. Denn wenn die Straße sicherer wäre, würden mehr Radfahrende sie nutzen, und das wiederum hieße: weniger Autos im Ortszentrum und weniger CO2-Ausstoß.

Der Stadtgemeinde leuchtete das ein. Sie ließ ein Konzept zur fahrradfreundlichen Umgestaltung der Alleegasse entwickeln und stellte es im Juni 2021 zur behördlichen Verhandlung. Da die Alleegasse eine Landesstraße ist, war auch ein Verkehrsexperte des Landes zugegen. Der Landesbeamte sah infolge der geplanten Umgestaltung große Risiken auf den Autoverkehr zurollen. Er forderte daher, erstmal weitere Studien zu erheben, um auf deren Grundlage einen neuen Lösungsvorschlag zu erarbeiten.

Dank Piktogramm: Freie Fahrt fürs Rad!
Bild: Radlobby Wolkersdorf

Nur zwei Rekordsommer später ist das Werk vollbracht. Die Alleegasse zieren jetzt Piktogramme, die Radfahrenden eine sichere Fahrlinie vorzeichnen sollen, und auf einer Länge von 487 m wurde gar die Höchstgeschwindigkeit auf 30 km/h herabgesetzt (aber nur nachdem der Bürgermeister dem Landesvertreter erklärt hatte, dass die Herabsetzung absolut unerlässlich sei).

Interessantes Detail am Rande: Die Höchstgeschwindigkeit wurde am Ortsrand herabgesetzt, weiter stadteinwärts aber bei 50 km/h belassen, sodass Autos, je näher sie dem Ortszentrum kommen, wieder mehr Gas geben können. Für Radfahrende bedeutet das, dass ihr Weg in Richtung Zentrum zwar ein Stück weit sicherer geworden ist, sie aber noch immer nicht sicher bis ins Zentrum fahren können.

Trotzdem wird die Lösung von Kennern des Politikbetriebs als Meilenstein erachtet, weil sich das Land Niederösterreich dazu durchringen konnte, unglaubliche 487 m Landesstraße mit Tempo 30 zu belegen. Und das nach nur zwei Jahren Bedenkzeit.

Da soll noch wer behaupten, die Klima- und Verkehrspolitik in Niederösterreich klebe auf der Stelle!

Siehe auch:

Artikel Allee der Irrtümer (in „Die Furche“ vom 10. November 2021)

VCÖ-Initiative „Gemeinden und Städte für Tempo 30“

Radlobby Wolkersdorf

Maschinenpark

Veröffentlicht am 5. September 2023
Jetzt zickt auch noch die Motorsense rum.
Als hätt ich nicht Probleme schon in Massen!
Zwar springt sie an, doch dann – ist es zu fassen? –,
Sobald ich Gas geb, hört man ein Gebrumm,

Und gleich darauf ist das Maschinchen stumm.
Mit dem Vergaser scheint was nicht zu passen.
Ich hab das Ding doch grad erst warten lassen.
Allmählich wirds mir wirklich bald zu dumm.

Die Nachbarn ringsum nützen längst Roboter,
Um ihre Rasenflächen kurz zu halten.
Doch unser Garten ist zu sehr verlottert,

Um ihn mit solchen Mitteln zu verwalten.
Und mein Maschinenpark wird immer schrotter.
Ich hör bald auf, den Wildwuchs zu gestalten.

Der Brotfachverkäufer*in

Veröffentlicht am 3. August 2023
Ein Bäcker in St. Pölten wollte ändern
Den Namen eines Brotes, das sich gut
Verkaufte. Also fasste er sich Mut
Und machte etwas, das in andern Ländern

Längst üblich: Er versuchte es mit Gendern.
Doch wenn man sowas in St. Pölten tut,
Entzündet unverzüglich sich die Wut,
Die schwelt und knistert an den rechten Rändern.

Ein Shitstorm braute drohend sich zusammen
In jedem Social Media-Kanal.
Der brave Bäcker sah bereits in Flammen

Die Bäckerei und sich am Marterpfahl.
Schnell hörte man „Entschuldigung“ ihn stammeln,
Denn Gendern gilt als ziemlich radikal.

So Grün, wenn Spaniens Blüten

Veröffentlicht am 30. Juli 2023

Unlängst habe ich mich an dieser Stelle über den literarischen Fälscher Robert Grün ausgelassen, Schöpfer des Mönches „Celso Gargia“, der Pizarro bei der Eroberung von Perú begleitet und darüber ein Tagebuch hinterlassen haben soll. Dass Mönch und Tagebuch bloß Ausgeburten von Grüns Fantasie waren,  ist 50 Jahre lang niemandem aufgefallen – auch nicht den Redakteurinnen und Redakteuren namhafter Schulbücher, die bis heute aus dem vermeintlich „zeitgenössischen Bericht“ zitieren.

Diese Geschichte ist inzwischen auch in der „Furche“ nachzulesen (leider nur für Abonnentinnen und Abonnenten; ein zweiwöchiges Probeabo ist jedoch gratis).

Bevor Robert Grün 1973 seinen „Celso Gargia“ erfand, hatte er 1968 eine Übersetzung von Antonio Pigafettas Reisebericht von der ersten Schiffsreise um die Erde herausgegeben. Grüns Pigafetta-Ausgabe wird immer wieder neu aufgelegt (die nächste Auflage ist für November 2023 angekündigt), obwohl sie einerseits ein dreistes Plagiat ist, andererseits eine Fälschung.

Plagiat, weil Grün großteils das Werk eines Schweizer Autors kopierte, ohne diesen zu nennen, nämlich Oscar Koellikers „Die erste Umseglung der Erde durch Fernando de Magallanes und Juan Sebastian del Cano 1519-22“.

Fälschung, weil Grün dem Bericht Pigafettas allerhand hinzudichtete, was seiner Fantasie entsprungen war: Geschichten von Sex & Crime, Mord und Totschlag, tödlichen Schlangenbissen, Kannibalismus u. dgl. m.

Belege für Plagiat und Fälschung habe ich in folgenden Dokumenten zusammengestellt (pdf_s zum Download):

Pigafetta_Textvergleich

„Dabei schnatterten sie wie die Gänse“