Veröffentlicht am 22. Februar 2021
Wer Anfang der siebziger Jahre in Norddeutschland zur Welt kam, dem wurden die Ski nicht in die Wiege gelegt, schon gar nicht in der Gesellschaftsschicht, in die ich geboren wurde. Die Alpen waren weit weg, und Winterurlaub war teuer. Unbelastet von eigenen Erfahrungen mit dieser Sportart konnte ich mir also in aller Ruhe eine Meinung über sie bilden, welche lautete: Skifahren ist nichts für mich! Ich stellte mir darunter so etwas wie Eislaufen vor, nur viel grauslicher, weil man beim Skifahren nicht bloß auf wackligen Sohlen unwillkürlich in irgendeine Richtung schlitterte und dann hinfiel, sondern das ganze auch noch bergab.
Dann kam der Tag, da ich in eine österreichische Familie einheiratete und die Eltern meiner Frau uns in den Skiurlaub einluden. Die Einladung auszuschlagen, wäre unhöflich gewesen. Und obwohl ich fand, mit über dreißig viel zu alt zu sein, erklärte ich mich bereit, einen Tag mit meiner Schwiegermutter – die als Lehrerin etliche Schulskikurse begleitet hatte – auf den „Deppenhügel“ zu gehen, um mich in den Grundlagen des alpinen Skilaufs unterweisen zu lassen. Insgeheim gedachte ich im Laufe des Tages meine Untauglichkeit zu diesem Sport so gründlich unter Beweis zu stellen, dass nie wieder jemand auf die Idee käme, mich dazu ermuntern zu wollen.
Was gute Pädagogik doch bewirken kann …
Am nächsten Nachmittag fuhr ich bereits, wenn auch hauptsächlich zur Belustigung – oder Verärgerung – der übrigen Skifahrer, meine erste „rote“ Piste hinab, und aus dem Urlaub heimgekehrt war das erste, was ich tat, beim Alpenverein einen „Tiefschnee-Schnupperkurs“ zu buchen. Der Kurs trug seinen Namen völlig zu Recht – jedenfalls was mich betraf, denn die meiste Zeit lag ich mit der Nase im Schnee. Meiner Begeisterung tat das keinen Abbruch. Sie hält bis heute an, obwohl ich den Rummel der großen Skigebiete schon lange leid bin, ebenso wie die bretthart präparierten Kunstschnee-Pisten und die horrenden Preise, die man für eine Liftkarte zahlt. Aber eine gemächliche Skitour durch die stille Landschaft, ein paar beherzte Schwünge durch Pulver oder Firn – was gäbe es Schöneres zur Winterzeit!
Auf die Piste gehen wir auch noch ab und an, hauptsächlich der Kinder wegen, damit sie an die frische Luft kommen und sich bewegen, was uns in diesem Winter noch dringlicher erscheint als sonst, wo doch alle Sportvereine, alle Schwimmbäder und Turnhallen stillgelegt sind. Von den skandalösen Zuständen, über die in den Medien berichtet wurde, haben wir in den Skigebieten im Osten Österreichs allerdings nichts bemerkt. Auch wenn zum Teil einiges los war: Die Liftbetreiber hatten Regeln für einen sicheren Betrieb festgelegt und sorgten, sofern nötig, für deren Einhaltung. Die allermeisten Leute hielten eh Abstand und trugen Masken. Statt einer heißen „Supp‘n“ zu Mittag und beschallter Hüttengaudi gab es geschmierte Brote und Tee aus der Thermoskanne am Parkplatz. Und dann hieß es wieder „nix wie aufi“!