Schall und Rauch

Veröffentlicht am 31. März 2019

Magellanstraße“ heißt seit dem 16. Jahrhunderts eine Meerenge im tiefen Süden Amerikas. Benannt wurde sie nach Ferdinand Magellan, dem Seefahrer, der sie entdeckte. Er allein? Hisste Magellan die Segel seines Schiffes etwa selbst?

Bild: Verlag C.H. Beck

Rund 240 Männer stachen am 20. September 1519 mit Magellan von der spanischen Atlantikküste in See, unter ihnen viele erfahrene Seeleute. Da war der ehrgeizige Steuermann Estevão Gomes, ohne den Magellan die Einfahrt in die Meerenge schwerlich gefunden hätte. Da war Andrés de San Martín, seines Zeichens Kosmograph, der Längengrade messen konnte mit einer Präzision, die damals ihresgleichen suchte. Da waren der baskische Schiffmeister Juan Sebastián Elcano und der Bootmann Francisco Albo aus Rhodos, die das letzte Schiff von Magellans Armada, die Vitoria, zurück nach Sanlúcar steuerten und damit die Umrundung der Erde vollendeten. Und da waren Matrosen wie Leone Pancaldo aus Savona, Nicolao de Nápoles oder Juan Rodríguez „el Sordo“ (der Taube), um nur ein paar wenige von ihnen zu nennen.

Als ich mein Buch über Magellan oder Die erste Umsegelung der Erde schrieb, wollte ich nicht ein weiteres Mal das oft gesungene Lied auf den vermeintlichen Helden dieser Tat anstimmen. Vielmehr war es mir ein Anliegen, auch von denen zu erzählen, die in den meisten Darstellungen nicht genannt werden, deren Namen heute nur noch wenigen Experten geläufig sind, ohne die aber Magellans berühmte Expedition nie zustande gekommen wäre. Allerdings können die vielen Namen in Magellans Geschichte einem Leser oder einer Leserin bald spanisch vorkommen. Daher haben wir dem Buch ein Personen- und Ortsregister beigegeben. Zusätzlich gibt es ab jetzt und hier ein Verzeichnis der wichtigsten Personen als Pdf gratis zum Download:

Personenverzeichnis zu Magellan oder Die erste Umsegelung der Erde

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Magellan-Mythen

Veröffentlicht am 8. März 2019

Wir wissen nicht allzu viel über Magellan, jenen Ritter portugiesischer Herkunft, der im September 1519 als Befehlshaber einer kleinen spanischen Flotte in See stach, um einen neuen Seeweg zu den Molukken zu erschließen, den Gewürzinseln in Südostasien. Aus seinem Leben vor dieser Reise, die seinen Namen unsterblich machen sollte, sind nur spärliche Daten bekannt. Manch einer hat versucht, die Lücken mit Legenden zu füllen. So ist mit der Zeit ein Magellan-Mythos entstanden, reich an Ausschmückungen und spekulativen Elementen, die in Ermangelung harter Fakten weitererzählt werden.

So liest man oft, Magellan sei (um) 1480 im nordportugiesischen Dorf Sabrosa geboren. Allein die Jahreszahl ist nicht mehr als bloße Vermutung. Magellan lebte in einer Zeit, die sich noch nicht dem Datensammeln verschrieben hatte. Es gab weder Geburtsurkunden noch Kirchenbücher, geschweige denn Melderegister. Das älteste gesicherte Dokument, das eindeutig auf seine Person verweist, ist eine Mannschaftsliste aus dem Jahr 1505. Damals schiffte Magellan sich auf der Flotte des Vizekönigs Dom Francisco de Almeida von Lissabon nach Indien ein. Über sein Alter zu diesem Zeitpunkt verrät die Liste nichts, außer dass er wohl kein Knabe mehr war.

Sicher ist hingegen, dass Magellan der namhaften Adelssippe der Magalhães entstammte, die ihren Stammsitz in der Terra da Nóbrega hatte und deren zahlreiche Familienzweige sich über weite Teile Nordportugals erstreckten. Der Vorname Fernão war in der Familie offenbar sehr beliebt: Im 15. und 16. Jahrhundert lässt sich ein halbes Dutzend verschiedener Träger des Namens „Fernão de Magalhães“ ausmachen – was es naturgemäß erschwert, den „richtigen“ Magellan ausfindig zu machen.

Anfang einer Schenkungsurkunde vom 19. März 1519, durch die Magellan seiner Schwester Ysabel das elterliche Landgut überschrieb. Bild: Archivo Histórico Provincial de Sevilla

Die beiden wichtigsten Dokumente, die ein wenig Licht in das Dunkel von Magellans Herkunft bringen, stammen aus dem Jahr 1519 – dem Jahr seiner Abreise zu den Molukken. Das eine ist sein Testament, das die Namen seiner Eltern und Geschwister nennt, darunter den seiner Schwester Ysabel. Das zweite ist ein Schenkungsvertrag zugunsten eben dieser Schwester. Ihr vermachte Magellan vor seiner Abfahrt das Landgut, das er als Erstgeborener von seinen bereits verblichenen Eltern Rui und Alda geerbt hatte. Das Landgut befand sich in Vila Nova de Gaia, unweit von Porto südlich des Douro, und umfasste Weinberge, Kastanienhaine und Äcker zum Getreideanbau. Wenn man über den Ort spekulieren möchte, wo Magellan geboren wurde und aufwuchs, dann sprechen die Fakten eindeutig für Porto beziehungsweise Vila Nova de Gaia. Das Dorf Sabrosa hat Magellan wahrscheinlich nie betreten.

Der Schenkungsvertrag lag fast ein halbes Jahrtausend im Archiv der Notare von Sevilla verborgen. Erst vor wenigen Jahren haben Historiker überhaupt Notiz von ihm genommen. Außer wenigen Fachleuten dürfte er kaum jemandem bekannt sein. In meinem Buch „Magellan oder Die erste Umsegelung der Erde“ habe ich dieses Dokument – so wie eine Vielzahl anderer – natürlich berücksichtigt. In diesem Buch hinterfrage ich den schon so oft erzählten Magellan-Mythos mittels Quellenkenntnis und -kritik. Damit versuche ich zu zeigen, dass Magellans Geschichte auch ohne spekulative Ausschmückungen und Legenden erzählenswert ist:

Bild: Verlag C.H. Beck

Christian Jostmann: Magellan oder Die erste Umsegelung der Erde. 336 S., mit 11 Abb. und 2 Karten. Verlag C.H. Beck, München 2019. 24,95 Euro (D).

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Buch ahoi!

Veröffentlicht am 13.02.2019

Seit dieser Woche im Buchhandel erhältlich: mein neues Buch über den Seefahrer

Ferdinand Magellan und die erste Umsegelung der Erde!

Bild: Verlag C.H. Beck

1519 bis 1522 segelte zum ersten Mal (soweit wir wissen) ein Schiff einmal rund um den Globus. Die „Santa Maria de la Vitoria“ war etwa 25 Meter lang, hatte drei Masten plus Bugspriet und 45 Mann Besatzung (von denen bei der Rückkehr noch 18 am Leben waren: Magellan selbst zählte nicht zu den Heimkehrern).

Die Vitoria lief Brasilien an, entdeckte die Magellan-Straße, überquerte als erstes europäisches Schiff den Pazifik, besuchte – ebenfalls als erstes europäisches Schiff – die heutigen Philippinen und Borneo, erreichte schließlich nach zwei Jahren auf hoher See die Molukken und kehrte von dort um das Kap der Guten Hoffnung in ihren Heimathafen Sevilla zurück:

Drei Jahre voller Abenteuer, Entbehrungen und Kämpfe, die in diesem Buch wieder zum Leben erweckt werden!

Ein Buch für Geschichtsfreaks, Segler.innen und Freizeit-Skipper, Armchair-Traveller und alle, die mehr über die Vorgeschichte unserer modernen globalisierten Welt erfahren möchten.  Alles höchst seriös recherchiert und gut lesbar aufbereitet. Und der Verlag C.H. Beck hat dem Text wieder eine sehr ansprechende äußere Form gegeben. Das ideale Geschenk für die Frau ebenso wie den Mann von Welt! Aber auch ein Buch zum Selber-Schmökern!

Christian Jostmann: Magellan oder Die erste Umsegelung der Erde. 336 S., mit 11 Abb. und 2 Karten. Verlag C.H. Beck, München 2019. 24,95 Euro (D).

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Der (un)romantische Magellan

Veröffentlicht am 28.01.2019

Am 14. Februar erscheint mein neues Buch „Magellan oder Die erste Umsegelung der Erde“. Dass es am Valentinstag auf den Markt kommt, ist meines Wissens reiner Zufall. Denn um Romantik geht es in dem Buch eher nicht – jedenfalls nicht im landläufigen Sinn. Wenn man unter Romantik allerdings eine kulturhistorische Epoche versteht, dann schon. Ist doch der „Held“ des Buches, Ferdinand Magellan, eine literarische Erfindung der Zeit um 1800.

Bild: aus „Primo viaggio intorno al globo terracqueo“, ed. Carlo Amoretti 1800

Damals entdeckte Carlo Amoretti in der Mailänder Biblioteca Ambrosiana den Bericht Antonio Pigafettas über die „Erste Reise um den Erdglobus“ wieder und rief mit seiner Publikation ein großes Echo hervor. Pigafetta war 1519 von Sevilla aus auf einer kleinen Flotte in See gestochen, die einen westlichen Seeweg zu den Molukken finden sollte, den sagenumwobenen Gewürzinseln Südostasiens. Fast auf den Tag genau drei Jahre später kehrte eines der Schiffe zurück und überbrachte, neben einer Ladung Gewürznelken, dem kastilischen König die Sensationsnachricht, „dass wir die gesamte Rundung der Welt entdeckt und umrundet haben, indem wir nach Westen weggefahren und von Osten zurückgekehrt sind“.

Die Forscher und Entdecker des 19. Jahrhunderts – Männer wie Alexander von Humboldt – erblickten in den Seefahrern der Frühen Neuzeit heroische Vorläufer ihrer eigenen Bestrebungen. Sie erklärten und verklärten die Weltumsegler zu Pionieren der Welterkundung, allen voran Ferdinand Magellan, unter dessen Kommando die Flotte 1519 in See gestochen war. Magellan hatte die Reise zwar nicht überlebt. Aber der schriftstellerisch begabte Pigafetta war, was seinen toten Kommandanten anging, des Lobes voll: Magellan habe sich „auf das Kartenlesen und die Navigation genauer [verstanden] als sonst irgendein Mann auf der Welt“, und kein anderer habe „so viel Genie und Eifer“ besessen, „um einmal die Welt umrunden zu können, wie er es fast getan hatte“.

Im 19. Jahrhundert – einer Zeit, da Genies in Europa Hochkonjunktur hatten – rannte Pigafetta mit solchen Worten offene Türen ein. Magellans literarisches Schicksal war besiegelt. Er galt fortan als genialer Seefahrer und Entdecker. Seither tragen auch die beiden Nachbargalaxien der Milchstraße seinen Namen: Magellansche Wolken.

Bild: Verlag C.H. Beck

Um diesen Magellan – die literarische Figur des 19. Jahrhunderts – geht es in meinem neuen Buch nur am Rande. Es handelt vor allem von der historischen Gestalt, die dieser Figur zugrunde liegt: dem portugiesischen Ritter Fernão de Magalhães. Und es erzählt von der Zeit, in der er lebte: dem Zeitalter der Entdeckungen, als sich das Netz menschlicher Kommunikation und des Kommerzes vollends über den Globus legte.

Was trieb Leute wie Magalhães um? Welche Ziele verfolgten ihre Auftraggeber, Geschäftspartner und Reisegefährten? Wie sahen die Schiffe aus, auf denen sie segelten? Was aßen sie unterwegs? Was wussten sie über die Erde und die Gestalt ihrer Oberfläche? In was für einer Gesellschaft lebten sie? Und wie gingen sie mit Menschen aus anderen Kulturen um, denen sie unterwegs begegneten? Diese und andere Fragen versuche ich in meinem Buch „Magellan oder Die erste Umsegelung der Erde“ zu beantworten.

Dabei beziehe ich mich als Historiker auf die Dokumente, Berichte und sonstigen Überbleibsel, die aus der Vergangenheit erhalten sind. Aus ihnen rekonstruiere ich die Geschichte des Fernão de Magalhães und seiner Zeit. Für alle Interessierten gibt es ab jetzt und hier gratis zum Download eine (englischsprachige) Einführung in die Quellen und die historische Literatur, die ich für das Buch herangezogen habe:

Magellan_Bibliography

Mit Magellan um die Welt

Veröffentlicht am 07.01.2019

Als im Herbst 2015 so viele Menschen nach Europa kamen, um hier Schutz und ein besseres Leben zu suchen, hatte das auch Auswirkungen auf mein Leben. Ich habe mich in einem Flüchtlingshilfeprojekt in unserer Gemeinde engagiert und ich begann, einen Blog zu schreiben. Die Ankunft der Fremden hatte mich daran erinnert, dass auch ich ein Fremder war in diesem Land. Also habe ich eine Zeit lang über mein Leben als „Zugeroaster“ im österreichischen Weinviertel berichtet, wo ich seit 2005 ansässig bin [http://fremd-in-der-heimat.blogspot.com].

In den ersten zehn Jahren meines Aufenthaltes hatte ich die Österreicherinnen und Österreicher als durchweg freundliche, vielfach herzliche und oft gescheite Menschen schätzen gelernt, die augenscheinlich ein Talent dafür hatten, es sich selbst und anderen gut gehen zu lassen. Doch im Jahr 2016 änderte sich schlagartig die Stimmung im Land, und viele meiner Mitbürger (und manche meiner Mitbürgerinnen) zeigten ein ganz anderes Gesicht. Im Gespräch mit ihnen erlebte ich nun immer öfter eine Hartherzigkeit, die mich erschreckte. Inzwischen weiß ich, dass diese Hartherzigkeit keine österreichische Eigenart ist, sondern überall regiert (oder zu regieren trachtet), wo wir Wohlhabenden uns vor den Hungerleidern fürchten.

Die damalige Innenministerin der Republik, jetzige Landeshauptfrau von Niederösterreich, versprach den Österreichern, Europa zu einer „Festung“ zu machen. Dieses Versprechen warf in mir manche Fragen auf: War es überhaupt in der Praxis einlösbar? Wenn ja, mit welchen Mitteln? Und wie würde es sein, in einer Festung zu leben?

Als Historiker fragte ich mich zudem, was die Befestigung des Kontinents für seine Geschichte bedeutete. Handelt diese doch seit einem halben Jahrtausend von der Entdeckung, Eroberung und Unterwerfung der Welt durch Europäer, also dem Gegenteil von Abschottung. Die globale Expansion ging einst von Europa aus und sie geht als wirtschaftliche Expansion immer weiter, auch wenn die europäischen Staaten die Herrschaft über ihre Kolonien verloren haben und sie längst nicht mehr die einzigen „global players“ sind.

Weil ich mehr wissen wollte über diese Geschichte, habe ich mich im Sommer 2016 im altmodischen Vehikel des Historikers auf die Reise gemacht und bin den Spuren eines ihrer Protagonisten gefolgt: jenen des berühmten Seefahrers Ferdinand Magellan, eigentlich Fernão de Magalhães.

Bild: Biblioteca Nacional de España

Der Portugiese befehligte 1519 eine spanische Flotte, die eine westliche Route zu den Molukken finden sollte, den Gewürzinseln in Südostasien. Er entdeckte einen Seeweg vom Atlantik in den Pazifik, die heute nach ihm benannte Magellan-Straße, und kam bis zu den Visayas auf den heutigen Philippinen, wo er am 27. April 1521 im Kampf mit Einheimischen starb. Seine Gefährten setzten die Reise fort. Eine Handvoll von ihnen erreichte im September 1522, nach knapp drei Jahren, wieder den Heimathafen Sevilla – von Osten aus. Damit hatten sie als erste Menschen, von denen wir wissen, den gesamten Globus umrundet.

Mehr als zwei Jahre lang bin ich Magellans Spuren durch die Literatur und die Archive nachgegangen. Ich bin in die Lebenswelten frühneuzeitlicher Kaufleute, Ritter und Seefahrer eingetaucht, habe in alten Chroniken geschmökert, notarielle Urkunden transkribiert, Heuerlisten und Rechnungsbücher durchgekämmt. Schließlich bin ich virtuell in See gestochen und im Kielwasser von Magellans Schiffen einmal um die ganze Welt gereist.

Unterwegs habe ich einige fremde Kulturen kennengelernt, angefangen mit den Portugiesen und Spaniern des 16. Jahrhunderts, über die Tupi Brasiliens, die Vorfahren der Tehuelche in Patagonien und die Chamorros auf Guam, bis hin zu den Visayas und Molukken. Kurzum, ich habe im Kopf eine abenteuerliche Zeit- und Weltreise unternommen, von der ich nun in meinem neuen Buch berichte.

Es heißt „Magellan oder Die erste Umsegelung der Erde“ und erscheint am 14. Februar 2019 im Verlag C.H. Beck.

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